Mittwoch, 27. Mai 2015

Nachtrag zum Halbmarathon Mainz

Jaaaaaaaa, es ist leider nichts geworden mit dem Halbmarathon in Mainz. Aber! Dieses Mal gab es einen triftigen Grund und es war nicht die fehlende Motivation, die Angst vorm Versagen oder Sonstiges. Der Grund war das hier:
Na, was ist kaputt?
Eine fette Zerrung im Sprunggelenk. Das Foto ist am Tag nach der Verletzung entstanden, also auf dem Höhepunkt der Schwellung. Ich finde, es sieht ganz schick aus. Aber jetzt fragt man sich, wie es wohl dazu kam? Nun, es waren also noch fünf Tage bis zum Halbmarathon. Ich fühlte mich tiptop vorbereitet. Lange hatte ich nicht mehr ein so gutes Gefühl vor einem Wettkampf. Ich war voller Tatendrang und so war es für mich nicht leicht mein Pensum in den letzten Tagen runter zu schrauben. Aber ich bin ja nicht mehr so ganz grün hinter den Ohren, weshalb ich brav montags mit dem Laufen pausierte, nachdem ich sonntags schon nur lockere 15km unterwegs war. Dienstags lief ich nochmals lockere Intervalle: 3x1,6km im Halbmarathontempo. Ich lief sie jeweils in 4:02/4:02/4:05min/km, also ziemlich flott. Im letzten bremste ich mich absichtlich, obwohl ich mich großartig fühlte. Alles kein Problem. In meinen Träumen lief ich schon in unter 1:25h ins Ziel. Herrlich.

Am Mittwoch war dann eigentlich wieder Ausruhen angesagt. Nach einer letzten Beineinheit im Fitnessstudio kribbelte es aber doch und ich ging nochmal raus, um ca. 40min locker daher zu traben. Ich lief ganz locker und entspannt am Rhein entlang, dachte an nichts Böses, passte aber auch nicht besonders auf und: KRACH! - AUA! - PURZEL! - FALL! - FLUCH! lag ich auf der Straße. Die Straße war flach, frisch geteert, kein Hindernis weit und breit sichtbar. Deshalb war ich auch so überrascht. Ich ließ mich in einem halb bewussten Akt der Verletzungsvermeidung auf den Boden plumpsen, um Gewicht vom übel umgeknickten Knöchel zu nehmen. Ich hatte den fetten schwarzen Stein nicht gesehen, auf den ich mit meiner Ferse trat. Ich knickte deshalb nach innen um. Ich bin während meiner Fußballzeit schon des Öfteren nach außen umgeknickt, nach innen kannte ich noch nicht. Es tat auch direkt weh. Ich saß dann also für kurze Zeit auf dem Boden und dachte sofort: "Wie lächerlich wäre es bitte, wenn ausgerechnet so ein Scheiß mir meinen Start versauen sollte?"

Ich stand daraufhin auf, warf den blöden Stein ins Gras, der da mitten auf der Straße lag und weit und breit keine andere Unebenheit auf dem schwarzen Teer vorhanden war. Ich trat vorsichtig auf und war doch erleichtert. Normalerweise kenne ich es so, dass man sich verletzt hat. wenn man umknickt und danach erstmal nicht rund weiter gehen kann. Ich hingegen merkte zwar einen leichten Schmerz, aber konnte den Knöchel voll belasten. Also fing ich leicht an zu laufen und siehe da: es ging. Ich hatte noch ca. 2km vor mir und trabte sie locker, aber auch gar nicht mal so langsam, ca. in 5:20min/km, nach Hause. Dort allerdings bemerkte ich, als ich meine Schuhe auszog, dass es doch nicht ganz so glimpflich abgelaufen sein könnte, wie ich mir das erhofft hatte.
Relativ schnell konnte ich nicht mehr rund gehen und humpelte durch die Wohnung. Ich kühlte die Stelle sofort um eine Schwellung zu vermeiden. Nach ca. 2 Stunden aber war der Knöchel fett angeschwollen, ich konnte meinen Fuß fast gar nicht mehr bewegen und jeder Schritt tat weh. Ich realisierte zu dem Zeitpunkt aber noch nicht wirklich, dass das jetzt eine Gefährdung für den Sonntag bedeuten könnte und wollte erstmal abwarten, wie sich der Knöchel nach einer Nacht Ruhe anfühlte.

Leider leider wurde es über Nacht eher schlimmer als besser und ich konnte kaum noch auftreten. Jetzt sah ich langsam ein, dass es Zeit war, dass da mal jemand drüber schaut. Also Termin ausgemacht mit meinem Orthopäden, der glücklicherweise nur ca. 100m von meiner Wohnung entfernt liegt. Nachmittags schleppte ich mich im Schneckentempo dahin und auf dem Weg verabschiedete ich mich schon mal vom Gedanken, sonntags mit voller Kraft durch die Stadt zu rennen. Trotzdem war mein erster Hinweis an den Orthopäden, nachdem ich ihm die dramatische Entstehungsgeschichte dieses Klumpfußes erzählt hatte, dass ich ja unbedingt am Sonntag Halbmarathon laufen will und was man denn da jetzt machen könne. Daraufhin meinte er allerdings trocken: "Das können sie vergessen. Das geht auf keinen Fall." Hm. Okay. Na gut, dachte ich mir schon, aber das Feingefühl haben sie bei dir auch ungleich auf Finger und Mundwerk verteilt, oder?

Er drückte also ein bisschen auf dem dicken Ding rum und wollte erstmal ausschließen, ob was gerissen oder gebrochen (!) ist. Da bekam ichs dann doch mit der Angst zu tun. Der Gedanke an Gips und OP und monatelanger Muskelaufbauarbeit erschien mir dann doch wenig attraktiv. Und das gerade jetzt, wo ich doch so gut in Form war wie seit Ewigkeiten nicht mehr! Das Röntgen zeigte allerdings zum Glück, dass es nur recht dolle gezerrt war. Puuh! Hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert, wenn da was gebrochen gewesen wäre, denn das würde man doch relativ direkt merken. Zumindest bilde ich mir das ein. Naja, jedenfalls war ich trotz der schlechten Nachricht, dass ich den Halbmarathon nicht würde laufen können nach meinem Arztbesuch recht guter Dinge. Immerhin nichts gebrochen oder gerissen. Das bedeutete, dass ich, sobald die Schmerzen abgeklungen waren, wieder loslegen konnte. Also musste ich bloß warten, ab und zu kühlen und ein bisschen massieren.

Am Freitag war die Schwellung schon deutlich zurück gegangen und ich bereute es fast, dass ich meinen Startplatz gerade verkauft hatte. Wer weiß, vielleicht hätte es ja doch noch gereicht? Samstags fühlte sich der Knöchel noch ein bisschen besser an und sonntags war der Schmerz nur noch da, wenn man auf die Stelle drückte. Ich beließ es allerdings beim Startverzicht und ging, obwohl ich mich kaum im Zaum halten konnte, erst mittwochs, also eine Woche nach der Verletzung, wieder laufen. Da stellte ich allerdings zu meiner Beruhigung fest, dass ich auf keinen Fall bei 100% war und ein Start im absoluten Desaster geendet hätte. Da am Sprunggelenk ja noch die Achillessehne hängt und daran der Wadenmuskel, ist klar, dass wenn man dort tagelang fast keine Belastung drauf legt, dieser ganze Apparat nicht direkt wieder bei 100% sein kann. Ich lief eine kurze 7km Runde und hätte gegen Ende beinahe Wadenkrämpfe im kaputten Bein bekommen. Darauf folgte ein ordentlicher Muskelkater. 21,1km wären mit dem Ding auf gar keinen Fall gegangen und noch viel weniger hätte ich volles Tempo laufen können. Eher hätte ich mir da noch irgendwas anderes verletzt. So war es letztlich die richtige Entscheidung zu warten. Und trotzdem musste ich nur eine Woche aussetzen.

In der vergangenen Woche konnte ich schon wieder normal trainieren, lief u.a. acht 1000m-Intervalle in unter 4min/km sowie einen 11km-Tempolauf. Der war zwar nicht so fix, dafür merkte ich den Formanstieg Anfang dieser Woche deutlich. Gestern lief ich dann zehn 400m-Intervalle und jetzt bin ich im Prinzip wieder da, wo ich vor der Verletzung war. Morgen will ich gerne nochmal 6km im Halbmarathontempo laufen. Und nächsten Donnerstag dann einen 15km-Wettkampf, um immerhin noch einen kleinen Abschluss für diese Trainingsphase mitnehmen zu können. Ich habe mir jetzt mal das optimistische Ziel gesetzt, die 15km in unter einer Stunde zu laufen. Bin nicht ganz sicher, ob das klappt und es hängt auch davon ab, wie ich mich morgen bei dem Tempolauf fühle und entsprechend vielleicht nochmals meine Zielzeit korrigieren werde. Aber alles nur Gerede, solange ich nicht an der Startlinie stehe, kann ich jederzeit auch mitten im sichersten Laufgebiet noch genau die Unebenheit finden, die mich zu Fall bringt. Ist ja auch ein Talent.

Samstag, 2. Mai 2015

Eine Woche vorm Halbmarathon

Jedes Mal, wenn ich hier was schreiben will, will ich mit "Soo!" anfangen. Irgendwann muss mir mal jemand gescheite Einleitungen für diesen Unsinn hier beibringen.

Aber fangen wir doch mit dem Offensichtlichen zuerst an: Es ist noch eine Woche bis zum Halbmarathon, der, nebenbei bemerkt, mein erster Halbmarathon sein wird, auf den ich mich explizit vorbereitet habe. Vorher fanden Halbmarathons für mich immer nur im Rahmen von Marathonvorbereitungen statt. Also müsste hier doch eine neue Bestzeit rausspringen, höre ich meine nervige, immer den Finger in die Wunde legende innere Stimme tönen. Naja, ja und nein.

Nein, weil ich vor drei Jahren, als ich meine Bestzeit in Kaiserslautern gelaufen bin, wirklich, wirklich gut in Form war. Ich merke das jetzt gerade wieder. Ich vergleiche mein Training damals mit jetzt und habe Respekt vor der Regelmäßigkeit und Beharrlichkeit, mit der ich damals trainiert habe. Nicht dass ich jetzt Trainingseinheiten einfach so ausfallen lassen würde, damals war ich nur quasi von September bis Mai durchgehend im Training, bin in der Zeit zwei Halbmarathons und Marathons, sowei drei voll gelaufene 10er gelaufen. Außerdem waren die Umfänge andere. Aber gut, es war ja auch ein Marathontraining. Dieses Jahr bin ich seit Januar ziemlich gut dabei. Die Umfänge sind geringer, klar. Aber ich laufe härtere Intervalle, schnellere Tempoläufe und bin auch sonst nicht allzu langsam unterwegs, wenn lockere Dauerläufe anstehen. Vor drei Jahren war ich außerdem leichter. Immerhin zwei bis drei Kilo, aber heute bin ich mit ca. 79kg auch nicht schlecht dabei. Es ist ein bisschen so wie bei Mario Kart. Ich renne gegen meinen eigenen Geist.

Ganz realistisch gesehen ist eine neue Bestzeit nicht drin. Das muss ich mal vorweg sagen. Aber, und das ist das Spannende, ich trau mir nach dem Maarauelauf und nach dem letzten 3x3km-Intervalllauf doch ein gutes Rennen zu. Der Maarauelauf war so ziemlich der erste "10er" (auch wenn es 11,1km waren), den ich ohne allzu große Qual durch laufen konnte und am Ende noch anziehen konnte. Ich bin auch vorher schon 10er mit negativem Split gelaufen, aber immer war da dieser psychologische Durchhänger bei Kilometer 6-7, bei dem ich dachte, gleich zerlegt's mich. Dieses Mal nicht und ein Tempo von unter 4min/km fühlte sich nicht so furchtbar an.

Der letzte richtige Intervalllauf war am Donnerstag. 3x3km im geplanten Halbmarathontempo. Natürlich ist das genau die Frage: Was ist das geplante HM-Tempo? Ursprünglich wäre ich ja mit einer 1:27 sehr zufrieden gewesen. Also etwa ein Tempo von ca. 4:08min/km. In Kaiserslautern lief ich im Schnitt eine 4:04min/km. Ich nahm mir für die Intervalle mal optimistisch eine 4:05min/km vor und wollte genau darauf achten, wie sich das so anfühlt. Dafür sind diese Intervalle im Renntempo da: Ein Gefühl entwickeln, ob man das Tempo halten kann, ob man überzieht und wenn man sich gut fühlt, gibt das natürlich Selbstvertrauen. Und es fühlte sich gut an. Die jeweils ersten Kilometer waren jeweils etwas zu langsam, aber ich konnte problemlos anziehen und am Ende war ich zwei Mal bei 12:11min für 3km. Die letzte Runde ging ich auch wieder defensiv an, war aber nach 2km wieder im 4:04er Schnitt. Dann tauchten vor mir zwei recht flotte Läufer auf und ich dachte mir, dass ich einfach mal ein bisschen die Rennsituation simuliere und probierte, sie einzuholen. Klar, sie waren nicht intervallmäßig unterwegs, aber die Motivation, die ich daraus ziehe, mich an Läufer vor mir zu hängen, macht mich im Rennen immer schneller. So war es auch jetzt. Nicht falsch verstehen, ich hechelte nicht creepy hinter ihnen her und schnaufte dabei wie ein Asthmatiker. So ist mir das schon öfters passiert: Ich überhole jemanden und derjenige hängt sich verzweifelt an mich - ganz ehrlich: Ich finde das immer entwürdigend für beide Parteien.
Jedenfalls: Es war so, dass sie ca. 200m vor mir waren und ich zügig an ihnen vorbei laufen konnte und den letzten Kilometer in 3:52min lief. Klar war das anstrengend, aber es fühlte sich nicht zu hart an und weil es der letzte von neun Kilometern im Renntempo war, konnte ich daraus doch ein bisschen Selbstvertrauen ziehen und denke mir daher jetzt, wenn es anfangs gut läuft, werde ich eher auf eine 4:03-4:04min/km zielen, als in Richtung 4:05-4:08 zu gehen. Und da ein Halbmarathon für mich nicht wirklich lang genug ist, um am Ende kolossal einzubrechen, setze ich gegen Ende des Rennens einfach mal auf meine mentale Stärke, um dann das Tempo halten zu können. Aber irgendwie sind das noch alles Luftschlösser. Jetzt muss ich erstmal die letzte Woche gescheit überstehen. Nicht mehr zu viel machen und mich ausruhen wird die größte Herausforderung, weil ich mich momentan ziemlich gut fühle.

Abschließend kann ich noch festhalten: Ich bin wieder ganz frisch verliebt ins Laufen! Das liegt neben der guten Form vor allem am Frühling und dem tollen Wetter. Da macht es einfach großen Spaß. Letzten Sonntag bin ich durch die Wiesbadener Wälder bei Rambach und Naurod gelaufen und das war einfach großartig. Da ist nämlich kein Mensch und man hört nur die Vögel in der Gegend rumzwitschern - das hat immer was arg beruhigendes. Außerdem hat mir die bergauf- und bergab Lauferei großen Spaß gemacht. So gesehen, ist es nicht ganz so wichtig, ob ich jetzt ne 1:25 oder ne 1:27 laufe...