Freitag, 23. März 2012

Verletzung - Fluch und Segen

Nach dem Frankfurt Marathon 2010 hatte ich mir fest vorgenommen, mein Training auch im Winter konsequent weiter zu führen. Der Winter allerdings stellte sich als unfassbar kalt heraus und der innere Schweinehund war einfach zu stark und hielt mich drinnen in der warmen Bude gefangen. Trotzdem ging ich natürlich ein paar Mal laufen - ganz ohne geht ja dann auch nicht. Im Januar 2011 fing ich dann wieder einigermaßen regelmäßig mit dem Laufen an. Das Frustrierende ist dann immer, dass man, wenn man länger als zwei Monate sein Training schleifen lässt, fast wieder bei Null anfangen muss. Schneckentempo, geringe Umfänge. Dann läuft man meistens im Dunkeln, was auch nicht schön ist. Bei mir kamen dann auch noch starke Schmerzen im rechten Knie hinzu. Ich konnte mir überhaupt nicht erklären, wo diese herkamen, denn ich lief höchstens dreimal die Woche und selten länger als eine Stunde. Ich musste Läufe abbrechen, machte vier bis fünf Tage Pause und versuchte es wieder - ohne Erfolg. Die Schmerzen traten regelmäßig nach 20 Minuten Laufen auf. Teilweise wurden sie so stark, dass ich Probleme beim Treppensteigen hatte.

Also es half alles nichts. Ich musste zum Orthopäden. Schließlich laufe ich hauptsächlich immer noch aus Gesundheitsgründen, da wollte ich mir mein Knie nicht nachhaltig ruinieren. Ich hasse Arztbesuche: Man begibt sich in fremde Hände, denen man absolut hilflos ausgeliefert ist, weil man sich auf deren Expertise verlassen muss. Ich habe die Dinge selbst gerne im Griff, aber bei Krankheitsgeschichten ist man immer auf fremde Hilfe angewiesen: furchtbar.
Die Diagnose ist nicht ganz leicht wieder zu geben: Anscheinend habe ich im rechten Knie eine Art Hypermobilität, das heißt, dass sich mein Knie extrem durchdrücken lässt. Links hingegen bin ich aufgrund der Folgen eines Kreuzbandrisses und entsprechender OP in der Bewegung leicht eingeschränkt, das heißt, ich kann das Knie nicht mehr hundertprozentig strecken, sondern eben nur zu 98% oder so. Ist alles nie ein Problem gewesen. Nur hat sich anscheinend diese Dysbalance mit der Zeit auf das rechte Knie ausgewirkt, da bei jedem Schritt das rechte Kniegelenk unsachgemäß belastet würde. So in etwa habe ich die Erklärung in Erinnerung. Jedenfalls habe ich anschließend Physiotherapie gemacht, trage seitdem eine kleine Bandage, die auf der rechten Patellasehne aufliegt und mache regelmäßig Kräftigungsübungen für meine beiden Kniegelenke. Hinzu kommt bei mir ein leichter Beckenschiefstand, der diese Kniegeschichte zusätzlich zu befördern schien. Ich sollte also verstärkt Übungen für die Rumpfmuskulatur durchführen.
meine Patellasehnenbandage

Wenn man Knieprobleme hat, die solche Schmerzen verursachen, geht man zunächst einmal vom schlimmsten aus: Ich dachte da so an irreparable Knorpelschäden oder ähnliches. Von daher war ich sehr erleichtert, als es hieß, ich könne mit entsprechender Sorgfalt bei den Übungen ohne Probleme weiter laufen. Ich nahm mir allerdings jetzt bewusst eine Auszeit, um die Übungen durchzuführen und nicht zu schnell wieder zu beginnen. Den Halbmarathon in Mainz ließ ich aus, obwohl ich schon angemeldet war und er direkt vor meiner Haustür stattfindet. Dafür konnte ich ihm zum ersten Mal als Zuschauer beiwohnen - ich fragte mich immer, was die Leute motiviert, sich Tausende keuchende Gestalten anzugucken. Wenn ich keine Läufer kenne, dachte ich, würde ich es mir auch nicht anschauen. Aber es machte einen Riesenspaß. Das Wetter war grandios, die Läufer jammerten natürlich alle, und ich konnte mir schön den Start anschauen, danach gemütlich draußen frühstücken und dann meinen Bruder anfeuern, der sich durch die Hitze quälte. Komisch war es aber trotzdem: Ich war nicht dabei und mir blutete das Herz. Mir war gar nicht klar, wie wichtig mir das Laufen in den letzten Jahren geworden war. Also nahm ich mir vor, in Zukunft ernster an die Sache heranzugehen. Zum Laufen gehören eben auch Gymnastik, Stabilisationsübungen und Krafttraining.

Ich fing im Sommer wieder langsam mit dem Laufen an und trainierte gleichzeitig zuhause und im Fitnessraum der Mainzer Universität an meinen körperlichen Defiziten. Die Knieprobleme tauchten nicht mehr auf und ich war relativ schnell wieder auf dem Stand, den ich ein Jahr zuvor erreicht hatte.

Insofern kann man sagen, dass die Verletzung im Nachhinein viel Gutes hatte. Ich konnte das Laufen wieder mehr würdigen, freute mich über jede Einheit ohne Schmerzen und wurde mir bewusster darüber, dass Marathonlaufen eben doch eine recht belastende Angelegenheit ist, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, wenn man seinen Körper nicht kaputt machen will.

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